Guédelon - Die Materialien

Quelle: http://www.guedelon.fr/ 


Der Wahl des Orts für den Bau einer Burg wurde im Mittelalter nie dem Zufall überlassen, sondern folgte immer einer strengen Logik. Ebenso wichtig wie strategische Überlegungen (Kontrolle einer Durchgangsstrasse oder eines bedeutenden Verkehrswegs) war dabei der Umstand, dass das Gebäude von möglichst von weit her sichtbar war, um Macht und Autorität des Burgherrn zu demonstrieren. In dieser Hinsicht hält sich Guédelon nicht an die Regel. Aber immerhin wurde der Standort so gewählt, dass Materialtransporte, welche im Mittelalter sehr aufwändig und teuer waren, auf ein Minimum beschränkt werden konnten.

Strassen- und Brückenzölle haben nicht selten den Preis von Baumaterial verdoppelt und das geringe Tempo der Tier- oder Schiffstransporte hat sich zudem negativ auf den Baufortschritt ausgewirkt.

Es war deshalb wichtig eine Stelle zu finden, wo die Werkleute alle zum Bau notwendigen Materialien vorfinden würden. Ein Wald, ein ehemaliger Steinbruch, Erde, Sand, Wasser, was wollte man mehr?

Ein anderes, unvorhergesehenes Element tauchte höchst willkommen bereits am Anfang des Projekts auf: der Flurname dieses Gebiets. Der wohlklingende Name Wald und Teich von Guédelon schien für dieses mittelalterliche Abenteuer vorbestimmt gewesen zu sein.


Stein: Eisenhaltiger Sandstein

Der Stein findet sich sowohl an großen, prestigeträchtigen Gebäuden wie dem Schloss von Ratilly als auch an bescheidenen Häusern der Gegend.

Diese Steinart enthält zwischen 30 und 40% Eisenerz, was sowohl das Brechen wie auch das Behauen zu einem Härtetest werden lässt. In Abhängigkeit des Pigment- und Eisengehalts variiert die Farbe des Steins zwischen honigfarben (brüchig) und dunkelbraun (hart).


Vorgehen des Brechens

Durch das « Lesen » des Blocks werden die natürlichen Bruchzonen erkannt. Entlang dieser Schichten spitzen die Steinbrecher mehrere Löcher, in die kleine Metallkeile gesetzt werden. Schläge auf die Keile erzeugen Schockwellen, welche am gewünschten Ort zu einer sauberen Bruchstelle führen.

Die schönsten Blöcke, die härtesten und homogensten dienen für Stürze, Rippen, Konsolen, Eckverbände, etc. Diejenigen von mittlerer Qualität werden nur grob zugehauen und hauptsächlich für Mauerschalen verwendet. Auf mittelalterlichen Baustellen herrschte Verschwendungsverbot: Alles noch brauchbare Material wurde in irgendeiner Art verwendet.

Dies wird auch in Guédelon praktiziert: Brüchige Steine von geringer Qualität, sowie „Abfälle" aus dem Steinbruch werden dem Mörtel beigemischt, der als Füllmasse der Mauern dient. In Guédelon beträgt die Mauerstärke im Mittel 3,50 m.

Je nach ihrem zukünftigen Verwendungsweck an der Burg werden die Blöcke per Pferdetransport auf die Baustelle transportiert - entweder zu den Steinhauerbuden oder zu den Radkränen, die das Baumaterial auf die Mauerkronen hieven.

Für gewisse Werkstücke, wie etwa für das Rippengewölbe im Kapellenturm oder für die Zwillingsfenster des Herrschaftshauses wurde Kalkstein aus einem nahen Steinbruch verwendet.


Holz: Eiche

Holz ist bei mittelalterlichen Bauwerken allgegenwärtig und nicht wegzudenken: Wehrgänge, Schutzdächer, Stege, Brücken, etc. Die verglichen mit Stein geringere Dauerhaftigkeit ist der Grund, dass hölzerne Bauteile nur selten erhalten geblieben sind - am ehesten noch in Form von Dachstühlen.

Im Wald von Guédelon ist die Eiche König. Die Bäume werden von den Holzfällern wohlüberlegt ausgesucht nach Sorte, Größe und Form, die einem bestimmten Verwendungszweck entsprechen müssen: Fensterstürze, Unterzüge, etc. Jeder geschlagene Baum ist dadurch eine Folge der Bauplan-Logik.

Eichenstämme, manchmal auch Kastanien, werden auf der Baustelle zu Balken gehauen und mit Hilfe von Pferden zu den Zimmerleuten transportiert.

Auch für viele Werkzeuge wird Holz benötigt: Bleiwaage, Winkelmasse, Messlatten, Griffe, Karren, etc.


Erde

Guédelon liegt in der Region Puisaye, die von Alters her für die Qualität ihrer ockerfarbenen Tone bekannt ist und eine lange Töpfertradition aufweist.

Auf der Baustelle findet die Erde zwei hauptsächliche Verwendungszwecke: Die rohe Erde wird für Lehm und Mörtel verwendet, und die gebrannte Erde trifft man in Ziegel und Bodenplatten an.

Mörtel ist der « Klebstoff », der die Steine der Burg zusammenhält. Er setzt sich aus Kalk, gesiebter Erde und Wasser zusammen, die in einem festgelegten Verhältnis gemischt werden.

Es ist unerlässlich, die Anteile genau abzumessen; ein zu « magerer » Mörtel hätte zu wenig Kalk, wäre spröde und könnte so seine Bindefunktion nicht wahrnehmen.

Aus Sicherheitsgründen wird der Kalk nicht auf der Baustelle fabriziert, sondern in gelöschter Form geliefert und in großen Mulden gelagert. Die Werkleute, die den Mörtel mischen werden, heißen « gâcheurs ».

Lehm
Mit einem Gemisch aus gesiebter Erde, Ton, gehacktem Stroh und Wasser wird Lehm angefertigt, der an verschiedenen Werkhütten als Wandmaterial dient.

Ziegel und Bodenplatten
Im Wald neben der Baustelle finden sich Tongruben. Die Ziegler müssen den Ton regelmäßig aufrühren (wässern) damit er eine ausreichend flüssige Konsistenz erhält.

Anschließend wird der Ton entnommen, gereinigt, gefiltert und geknetet. Darauf wird er in Holzmodel gepresst und zu Ziegel oder Platten geformt. Diese lässt man an der Luft trocknen und schließlich in einem speziellen Ofen während 4 Tagen und 3 Nächten bei einer Temperatur von ungefähr 1000° C brennen.

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