Samba und Westerwälder Trachten
Was bringt Mitglieder des Deutsch-Französischen Freundeskreises Rengsdorf, Charolaisrinder und feurige Brasilianerinnen zusammen?
Am vergangenen Wochenende waren die Mitglieder des Freundeskreises von ihren französischen Partnern nach St. Pierre-le-Moûtier eingeladen – zum ersten Mal nach der Pandemie. An diesem Wochenende explodierte der kleine beschauliche Ort im Herzen Burgunds - dort, wo sonst 1800 Einwohner in Ruhe ihren Geschäften nachgehen, tummelten sich an diesem Wochenende Zehntausende von Menschen. Der Grund: alle 7 Jahre findet dort die „Comice agricole“, eine große Landwirtschaftsmesse statt: Ausstellungen von landwirtschaftlichen Geräten, Verkaufsstände, Tiere und Wettbewerbe im Pflügen. Und am zweiten Tag windet sich ein Umzug durch den Ort, für den die örtlichen Vereine (Feuerwehr, Freunde der Windmühle, Freunde der Ölmühle) und die Nachbarorte in monatelanger Fleißarbeit 15 Umzugswagen hergestellt haben, dabei auch Fußgruppen, Radfahrer auf geschmückten Rädern, Verpflegungswagen sowie Musik- und Tanzgruppen: „Rosenmontag light“, wie ein Deutscher anmerkte.
Die Rengsdorfer hatten mit den französischen Partnern abgesprochen, einen Verkaufsstand zu übernehmen und hatten sich in Leutesdorf und Hammerstein mit Wein versorgt. „In Frankreich Wein zu verkaufen, das heißt Eulen nach Athen zu tragen“, merkte ein Mitglied im Vorfeld an, und darüber wurde heiß diskutiert. Aber dann waren die Rengsdorfer selbstbewusst genug, auf die 2000-jährige Geschichte des Weinanbaus in ihrer Region zu verweisen und zu zeigen, dass Riesling und Co. durchaus neben französischen Weinen Bestand haben konnten. Und das sahen die Weintrinker in St. Pierre genauso; am Abend war der Wein fast vollständig ausgetrunken und so manchen Franzosen hörte man brummen: „Il est bien, ce vin – er ist gut, dieser Wein!“ Den beträchtlichen Erlös des Verkaufs spendeten die Rengsdorfer der „Résidence d'adultes en situation de handicap“, das beeinträchtigte Erwachsene betreut.
Für den Korso am Sonntag hatten die französischen Freunde einen Themenwagen zum Thema Partnerschaft gebaut; in monatelanger Arbeit waren Aufbau und Plattform montiert worden, der Wagen war geschmückt mit Hunderten von Papierblumen in den beiden Nationalfarben, ausgestattet mit Bierseideln, Weinfässern, Hopfengirlanden und Fahnen. Auf eine Stunde war der Umzug angesetzt, aber vier Stunden dauerte es schlussendlich; Staus, Tausende von Menschen an der Straße und Traktorpannen zogen den Korso in die Länge, und auch ein Schwätzchen am Straßenrand, ein Gläschen Wein oder ein Bier mit den Bekannten am Straßenrand ließen den Zug stocken. Und die organisierten dafür dann auch mal einen Hammer zur Reparatur des Traktors. Die Rengsdorferinnen und Rengsdorfer begleiteten in Westerwälder Trachten den Wagen, und besonders die Damen leisteten in den dicken Stoffen bei 35 ° Übermenschliches.
An den Abenden saß man gemeinsam im Freien und schwelgte in französischen Spezialtäten und Getränken. Miteinander lachen, singen, erzählen, scherzen: Diese Momente der Freundschaft waren wohl die glücklichsten Augenblicke auf der Reise.
Am zweiten Abend wurde das Abendessen in der Scheune eingenommen, in der einmal im Jahr der nationale Verband „Herd book Charolais“ eine große Schau der französischen Rasserinder durchführt. Das wunderbare Menu, das die Rengsdorfer zusammen mit 400 Gästen der Feierlichkeiten einnahmen, wurde von einer brasilianischen Tanz- und Gesanggruppe begleitet, und ein Rengsdorfer, Gründungsmitglied im Verein und seit Beginn an mit vollem Herzen und jetzt mit über 80 Jahren noch immer bei jedem Austausch dabei, bemerkte nur trocken, als er von einer feurigen Brasilianerin zur Tanzfläche geschleppt wurde: „Ich bin froh, dass ich die Mädels zum Tanzen motivieren konnte!“
Fotos: Comité de jumelage Saint Pierre le Moutier/Rengsdorf (C) 2023