Rengsdorf interessiert sich für eine Städtepartnerschaft - Rheinland-pfälzischer Verband hilft - Dierdorfer Bürgermeisterin berichtet über Erfahrungen
Die Ortsgemeinde Rengsdorf überlegt, den Schritt nach Frankreich zu wagen: Eine Städtepartnerschaft könnte den rund 2700 Einwohnern den Kontakt zu Einheimischen ermöglichen, so die Befürworter. „Wie sollen wir die Sprachbarriere überwinden ? Wird eine solche Partnerschaft nicht zu teuer ?", lauten die Fragen der Skeptiker. Die Bürgermeisterin der Stadt Dierdorf und die Generalsekretärin des Partnerschaftsverbandes Rheinland-Pfalz machten den Rengsdorfern nun Mut.
Rainer Krämer ist begeisterter Verfechter des Jugendaustauschs. Im vergangenen September fuhr der Schatzmeister der Alternativen Sport- und Spielgemeinschaft (A.S.S.) Rengsdorf mit der ersten Volleyballmannschaft nach Talant, einem Vorort von Dijon.
Die Kontakte hatte er über den Landessportbund geknüpft. „Die Jugendlichen waren begeistert", weiß Krämer. Frankreich und die Franzosen nicht als Touristen, sondern privat zu erleben - das sollte allen Rengsdorfern möglich sein, unabhängig vom Alter, ist der leidenschaftliche Sportler überzeugt. Im Gemeinderat wurde das Thema Städtepartnerschaft bereits mehrfach angesprochen. Bedenken habe es vor allem wegen der Sprache gegeben, erklärt Ortsbürgermeister Karlheinz Kleinmann. „Nur wenige Rengsdorfer sprechen französisch, und wenige Franzosen englisch oder deutsch."
Wie die Sprachbarriere überwunden werden kann und welche Anforderungen eine Partnerschaft stellen würde, diesen Fragen nahm sich auf Betreiben Krämers nun Martine Durand-Krämer an, Generalsekretärin des Partnerschaftsverbandes Rheinland-Pfalz / Burgund. Rosemarie Schneider, Bürgermeisterin von Dierdorf, berichtete bei dem Treffen im Landhaus Laubach über die Erfahrungen mit der Städtepartnerschaft zu Courtisols in der Champagne.
Schneidere waren die Bedenken der Rengsdorfer vertraut. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch seien 1995 die ersten Dierdorfer zu Familien in Courtisols gereist. „Jeder von uns hat gezittert: ‚Hoffentlich verstehen die mich morgen beim Frühstück. Am Ende bekomme ich nichts zu essen.'" Eine unbegründete Furcht, weiß die Bürgermeisterin heute. Mittlerweile finden im Durchschnitt acht Begegnungen im Jahr zwischen Dierdorf und Courtisols statt - organisiert von Gemeinde oder Vereinen, den Landfrauen, Fußballern, Tennisspielern, Landwirten oder der Feuerwehr. Die Verständigung gelinge mit Händen und Füßen, betonte Schneider. „Man muss ja nicht gleich philosophische Gespräche führen." Die Partnerschaft zu Courtisols habe sogar Senioren aus Dierdorf, die in französischer Kriegsgefangenschaft waren, und Franzosen zusammengebracht, deren Angehörige im zweiten Weltkrieg von deutscher Hand gefallen waren. „Die haben gemeinsam ihre Geschichte aufgearbeitet."
Weitere Bedenken von Rengsdorfer Seite: Die Kosten einer solchen Partnerschaft. Der Dierdorfer Gemeinderat stelle jedes Jahr 1000 Euro für die Partnerschaft in den Haushalt ein, erklärte Schneider. „Das reicht." Entscheidet sich Rengsdorf für eine Partnergemeinde aus Burgund, können Gemeinde und Vereine für Fahrten nach Frankreich Zuschüsse beantragen, ergänzte Durand-Krämer - vorausgesetzt, Rengsdorf wird Mitglied im Partnerschaftsverband. Dafür würden jedes Jahr 185 Euro Mitgliedsbeitrag fällig.
Die anwesenden Rengsdorfer hätten am liebsten die Partnerschaft des A.S.S. zu den Volleyballern aus Talant erweitert. Doch Talant ist bereits Partnergemeinde von Gimbsheim. „Als zweite Partnergemeinde dazuzustoßen, würde ich nicht empfehlen", unterstrich Durand-Krämer.
Der französische Partnerverband Union pour la coopération sucht derzeit nach einer passenden Gemeinde für Rengsdorf. „Wir achten darauf, dass die französische und die deutsche Gemeinde von ihrer Größe, Vereinsstruktur und Umgebung her stimmig sind", erklärte Durand-Krämer. Die Union habe bereits eine Gemeinde im Departement Yonne im Visier. Im September erwartet die Generalsekretärin eine Antwort.
Sollten die Gespräche positiv verlaufen, kommt der Gemeinderat ins Spiel: Denn das Gremium muss darüber abstimmen, ob es eine Partnerschaft möchte. Kleinmann könnte sich vorstellen, dass vor der endgültigen Entscheidung eine Abordnung des Gemeinderates nach Frankreich reist und sich ein Bild von der entsprechenden Gemeinde macht.
Und wie geht es weiter, sollte sich der Rat für eine Partnerschaft entscheiden ? Durand-Krämer empfahl, ein gemeinsames Konzert auszurichten, sobald die ersten Kontakte geknüpft sind. Anfängliches Unbehagen verfliege beim Singen sehr schnell. Und ein Konzert ziehe schnell weitere deutsch-französische Aktivitäten nach sich. Freundschaften würden auf den Weg gebracht.
„Vieles entwickelt sich von selbst", weiß Durand-Krämer. Dennoch müssten sich Gemeinde und Vereine engagieren. „Die französischen Freunde sollten in Feste einbezogen werden. Die Partnerschaft muss ein Bestandteil des Gemeindelebens werden."
Collette Brosig (RZ vom 19.August 2003)
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